Москва́ - gipsy taxi

17:26

Nachdem mein erster Entwurf erfreulicherweise durch meine eigene Dummheit geloescht worden ist, jetzt also Versuch Nummer zwei.

Will man in Moskau von A nach B kommen gibt es verschiedene Moeglichkeiten. Es gibt ein ausgepraegtes Linienbusnetz mit denen man sich fuer 25 Rubel (40 Rubel = 1€) pro Fahrt fortbewegen kann, Trolleybusse (eine Kreuzung aus Strassenbahn und Bus), Strassenbahnen, Zuege, Taxis oder auch mein persoenliches (und auch allgemeines) Fortbewegungsmittel Nummer eins - die Metro. Guenstig, schnell und mit wunder wunderschoenen Bahnhoefen ausgestattet.
Einziger Haken, egal ob Sonn- Feiertag oder sonstwas, die Metro schliesst taeglich um 1h nachts, also nicht das ideale Fortbewegungsmittel fuer am Wochenende. Womit wir auf genau das Thema kommen, ueber das ich schreiben moechte. Was macht man also um moeglichst schnell von Club zu Club, nach Hause oder sonstwohin zu kommen? Man faehrt Gipsy Taxi. Sicher nicht der politisch korrekteste Begriff dafuer, aber alle anderen sind leider nicht bei mir haengen geblieben. Das ganze funktioniert einfach:
Man stellt sich an den Strassenrand, haelt die Hand raus und wartet bis irgendein Autofahrer anhaelt, anschliessend sagt man sein Ziel und verhandelt ueber die (sehr geringen) Kosten.
Entweder weiss der Autofahrer dann wo selbiges Ziel liegt und idealerweise stimmen die 'Gehalts'vorstellungen von Fahrer und Befoerderten ueberein oder eben nicht. Je nachdem wartet man dann auf das naechste Auto das anhaelt oder man steigt ein und fahert mit.
Freitagabend habe ich (natuerlich nicht alleine) meinen persoenlichen Rekord in Sachen Gipsytaxifahrerei aufgestellt.

22.00h Ankunft an der Metrostation, gemeinsam mit Marc der  im Moment auch in der Stadt ist, treffen wir uns mit Andrew und Alec. Raus aus der Metrostation und los gehts mit der Suche nach der Bar, wo wir alle anderen Treffen wollen. Einziges Problem (wie sooft in dieser grossen Stadt): keiner weiss genau wo wir hinmuessen. Was macht man also? Genau - Taxi fahren.
Wir stellen uns also an den Strassenrand und warten. Fahrer 1 hatte leider keinen blassen Schimmer wo wir hinwollten, genauso wie Fahrer 2. Fahrer 3 eigentlich auch nicht, aber er besass den Vorteil eines internetfaehigen Handys samt charmanter russischer Navigationshilfe, somit stand unsere Wahl fest.
In der Bar angekommen, trafen wir die anderen und durften uns ersteinmal wundern, warum alle Leute stehen und wirklich keiner von den herumstehenden Tischen/Stuehlen gebrauch machte. Nur wenig spaeter wurde dieses Raetsel geloest: Die Bar kostete kein Eintritt, das Sitzen jedoch schon. Genauer gesagt 3000 Rubel pro Kopf, was 75 € entspricht, womit dann auch klar war, dass wir es den uebrigen Gaesten gleichtuen und stehen wuerden.
Irgendwann spaeter verabschiedeten sich einige unserer Weggefaehrten, sodass wir auf ein Grueppchen von fuenf Leuten zusammenschrumpfen und beschlossen in einen Club namens 'кризис жанра' zu fahren, um dort einen mir bis dahin unbekannten Jacob zu treffen.
Wieder also das bekannte Spiel: Raus auf die Strasse, Hand raus und warten. Diesmal jedoch wurde unsere Suche jedoch dadurch erschwert, dass wir zu fuenft waren. In Russland wie auch Deutschland sind die meisten Autos lediglichlich auf fuenf Leute zugelassen, was fuer uns bedeutete, dass wir mit Fahrer eine Person zu viel waren. Das dritte Auto hatte schliesslich trotzdem erbarmen und nahm uns mit.
In кризис жанра angekommen, durften wir zwei Dinge feststellen, die Stimmung war nicht all zu gut und besagter Jacob war nicht da. Also machten wir uns schon nach einem Drink weiter, zum neuen Arbat um dort jemand anderen zu treffen.

кризис жанра

Auch diesmal war die Taxisuche nicht allzuschwer, da ein Besucher des Clubs uns anbot uns dorthin zu fahren. Rueckblickend war das ein GROSSER FEHLER! Der werte Herr war naemlich nebenbei Hobbyrennfahrer und hatte zudem scheinbar einen Riesenspass daran unser kleines internationales Reisegrueppchen (Schweis, USA, UK & Deutschland) zu Tode zu erschrecken. Mit 120km/h durch die Moskauer Innenstadt zu fahren ist absolut kein Spass. Bedenkt man zusaetzlich noch die unangenehme Marotte der Russen sich nicht anzuschnallen (das kann sogar als Beleidigung gegenueber dem Fahrer aufgefasst werden - heisst naemlich, dass man ihm nicht vertraut), weshalb meistens auch gar keine anschnaller mehr vorhanden sind (und zu sechst in einem Fuenfsitzer sowieso nicht) war das ganze einfach Wahnsinn. Als wir endlich ankamen war ich einfach nur heilfroh aus diesem Scheiss Auto raus zu sein.
Die Freude hielt jedoch nicht lange an. Nachdem wir an der verabredeten Bar 'KischMisch' ankamen durften wir feststellen, dass sie gerade dabei war zu schliessen und die letzten Gaeste sich gerade auf den Heimweg machten. Wir verbrachten ein paar Minuten mit Smalltalk (hierbei lernten wir eine asiatisch aussehende Schwedin mit blondierten Haaren kennen, die momentan in Moskau wohnt - ich fand die Kombination lustig) um anschliessend uns ein weiteres Mal auf den Weg zu machen. Aufgrund des hohen Alkoholpegels unseres Begleiters Andrew hielten wir es fuer das sinnsvollste, in den Rolling Stone Club zu gehen, da er dort hoffentlich noch die Gesichtskontolle ueberstand. Gesagt - getan und ab zum naechsten Taxi.

Kischmisch


Diesmal erwischten wir einen vertrauenserweckenden aelteren Mann, immerhin. Aber natuerlich hatte der Abend ein weiteres Problem fuer uns parat. Selbiger vertrauenserweckende aeltere Mann hatte jedoch nur eine grobe Ahnung wo sich der von uns gesuchte Club befindet, zeitgleich war Andrew felsenfest davon ueberzeugt den richtigen weg zu kennen. So wurde wir vor die Entscheidung gestellt - wem glauben wir? Dem sturzbetrunkenen Briten oder dem unbekannten Taxifahrer, der warsch behaupten wuerde er kann mich nach Buxtehude fahren, wenn ich ihm nur genug Geld biete? Wir entschieden uns fuer den Mittelweg. Jedes 'rechts' vom Taxifahrer wurde mit einem 'Nooo, leeeft!' von Andrew quittiert und der Rest von uns schaute einfach mal wo wir landen wuerden.
Tatsaechlich sind wir in einem Unfall gelandet, da ein weiterer Verkehrsteilnehmer uns laut hupend, autoscootermaessig in die linke Seite unseres Wagens rammte. Uns ist zum Glueck nichts passiert, aber unser Fahrer war (wie in einer solchen Situation zu erwarten) stinksauer und beendete mit einem 'Peschkom' (= zu Fuss) unsere heitere Fahrt.
Immerhin hatten wir das Glueck, dass der Rolling Stone Club nichtmehr allzuweit weg war und wir den restlichen locker zu Fuss bewaeltigen konnten. Nach einer letzten Diskussion ob wir nicht vielleicht doch ins nebenan liegende 'Gipsy' gehen sollten liessen wir den Abend letztendlich im Rolling Stonde ausklingen. Um im Morgengrauen ein letztes mal fuer diesen Tag mit einem weiteren Gipsy-Taxi nach Hause zu fahren.

Rolling Stone Club


P.S.: Oma & Opa macht euch keine Sorgen - alles ist okay :)

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1 Kommentare

  1. Hallo Shosanna, habe endlich mal deinen kompletten Blog gelesen. Ist ja alles nicht so einfach, trotz fleißigem Lernen im Vorhinein. Aber du gewinnst der Sache ja auch die guten Seiten ab und machst was draus. Wünsche dir weiterhin alles Gute in Moskau, wird sicherlich mit der Zeit immer einfacher werden. Schreib schön weiter deine Erlebnisse auf, macht Spaß zu lesen. Deine Cousine ist inzwischen in Malaga und muss sich ohne Spanischkenntnisse durchschlagen.
    Mach's gut!! Grüße von der Mosel - Heide

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